“Hey! Deine Bilder sehen toll aus – warum machst du dich nicht als Fotograf selbstständig und verdienst das dicke Geld?”
Diese und ähnliche Äußerungen hören ambitionierte Hobbyfotografen häufiger.
Einige Dinge sind (auch von gelernten Fotografen bspw. nach der Lehre) zu beachten, bevor der Sprung zur Selbstständigkeit zu einer harten Landung auf dem Boden der Tatsachen führt.
Tolle Fotos sind nur ein Teil vom Job
Schönheit liegt im Auge des Betrachters, sagt eine allgemeine Weisheit. Nur weil Deine Bilder im Freundeskreis geschätzt werden, ist dieses keine Garantie für eine erfolgreiche Selbstständigkeit.
Spätestens seit Wegfall des Meisterzwangs für das Fotogewerbe sowie dem Preisniveau aktueller Fotoausrüstung ist der Markt förmlich geflutet von Wettbewerbern.
Somit ist man mit der Berufsbezeichnung – ich bin „Selbständig als Fotograf – ohne Ausbildung“ – längst keine Ausnahme mehr. Dabei reicht es allerdings schon lange nicht mehr aus, einfach nur schöne Fotos zu machen. Du musst auch den Business-Teil der Selbständigkeit beherrschen können.
Zusätzlich verschiebt sich der Markt zunehmend in die Richtung Mediendienstleistung. Fotos alleine sind schön, aber bewegte Bilder sagen viel mehr – und hinter alledem sollte ein stimmiges Konzept stecken …
Das, was erfolgreiche Fotografen von den weniger erfolgreichen Kollegen unterscheidet, sind oftmals noch nicht einmal die Qualität der Bilder oder die verwendete Kameramarke.
Ein finanziell erfolgreicher Fotograf besitzt vor allem die Fähigkeit, seine Tätigkeit diszipliniert zu organisieren und sich nicht unter Wert zu verramschen.
Gerade im Businessumfeld zählen nach wie vor die Tugenden, pünktlich und reproduzierbar beauftragte Leistungen bei dem Auftraggeber abzuliefern.
Als Fotograf selbständig zu sein, heißt letztendlich Termine, Fristen und sonstige Deadlines zu halten. Zudem ist er auch auf ein Netzwerk und verlässliche Partner angewiesen.
Aber auch wenn du planst dein Business auf Hochzeiten, Familien- oder Babyshootings aufzubauen ist neben deinem Können, schöne Bilder zu machen mehr gefragt. Dass du dabei gut mit Menschen kannst, sollte dabei schon selbstverständlich sein. Aber auch das Brautpaar oder die frisch gebackenen Eltern möchten nicht 3 Monate auf die Bilder warten müssen.
Weiterhin sind in der heutigen Zeit die Softskills zunehmend wichtig. Angefangen von der Präsentation in sozialen Netzwerken bis hin zur Kommunikation mit Kunden. Auch der Umgang mit Lieferanten und anderen Künstlern wie Fotomodellen gehört dazu, wenn langfristig als Fotograf gearbeitet werden soll.
Das Portfolio: Gemischtwarenladen oder Fachgeschäft?
Als Fotograf präsentierst du dich deiner Kundschaft mit deinem Portfolio. Und der erste Eindruck ist etwas, was du nur einmal hinterlassen kannst.
Ästhetische, komplex ausgeleuchtete Fotos von mehr oder weniger bekleideten Fotomodellen in Nachbarschaft zu Landschaftsfotos, garniert mit einigen Tierfotos und Architekturbildern hinterlassen einen anderen Eindruck, als wenn ein Thema konsequent verfolgt wird.
Bist du der Spezialist für Businessporträts, der gekonnt in der Firma eine Fotostrecke mit Mitarbeiterporträts produziert oder das neue Produkt in Szene setzt?
Oder liegen Deine Kernkompetenzen bei Fotoreportagen oder hinreißenden Naturfotos?
Als verbreitete Ausnahme sind Babybilder neben Hochzeitsfotos in Nachbarschaft zu Familienportraits durchaus unter dem Überbegriff „Familienfotografie“ aufzufassen. Zumal das eine meist dem anderen folgt.
Hier gilt, dass der selbständige Fotograf ähnlich wie bei Ärzten als Spezialist besser wahrgenommen wird und oftmals höhere Preise durchsetzen kann.
Freie Arbeiten zu anderen Gebieten sind nicht kategorisch ausgeschlossen. Diese sollten aber vielleicht nicht im zentralen Portfolio präsentiert werden – sondern wären z.B. besser für die sozialen Medien geeignet.
Benötigte Skills im Business
Heutzutage verbringt ein Fotograf nicht mehr wie früher den Großteil seiner Zeit in der Dunkelkammer oder dabei, in der Natur auf das perfekte Licht zu warten.
Ein heutiger Fotograf hat die Kamera oftmals lediglich zu einem Viertel seiner effektiven Arbeitszeit in der Hand.
Der Rest der Zeit ist damit ausgefüllt, Termine und sonstige Arbeiten zu organisieren, Bilder zu bearbeiten und neue Aufträge zu akquirieren.
Und selbstverständlich sind das leidige Thema Buchhaltung, Steuererklärungen und ähnliche Themen zu erledigen.
Aufgrund des immer härteren Wettbewerbs ist die Fähigkeit zur Selbstpräsentation immens wichtig, da die besten Bilder nichts nutzen, wenn sich diese nicht verkaufen.
Hier muss sich ein Fotograf nicht nur gegen andere Lichtbildner durchsetzen, sondern auch gegen die Besitzer der immer besseren Smartphone- und Amateurkameras.
An dieser Stelle ist ein wichtiges Merkmal zur Differenzierung Disziplin, Zuverlässigkeit und Termintreue. Dich als Profi unterscheidet nicht die teure Kamera vom Hobbyfotografen, sondern die Fähigkeit, auf Knopfdruck zuverlässig konstante Qualität abzuliefern.
Auch oder besonders dann, wenn du einen schlechten Tag erwischt hast und so rein gar nichts gradlinig laufen mag!
Als Profi Fotograf ist es ein Muss, klare Verhältnisse zu schaffen. Das beginnt bei dem Vorgespräch, geht über die Verträge weiter und endet bei der Rechnungsstellung.
Gewerbe oder Freiberufler?
In den meisten Fällen ist eine Gewerbeanmeldung für einen Fotografen notwendig. In einigen Ausnahmefällen, wenn Bilder künstlerisch zustande kommen und danach erst angeboten werden, kann auch als Freiberufler gearbeitet werden.
Spätestens dann, wenn Kunden Fotoarbeiten beauftragen, ist eine Gewerbeanmeldung unumgänglich. Beispiele hiervon sind Pass- und Bewerbungsfotos und Hochzeitsreportagen, die im Auftrage eines Kunden gefertigt werden.
Im Zweifelsfall solltest du dich beraten lassen, bevor entsprechende Anmeldungen beim Finanzamt (Steuernummer) oder Gewerbeanmeldung getätigt werden.
Wird die Tätigkeit neben einem Angestelltenverhältnis ausgeübt, kannst du dieses Nebengewerbe unter Umständen als Kleingewerbe angemeldet werden. Dies bedeutet z.B. für Deutschland, dass bei einem Umsatz unter dem Schwellwert von 22.000 Euro pro Jahr (Stand 2020) Rechnungen ohne Umsatzsteuer ausgestellt werden dürfen.
Wenn man selbständig als Fotograf im Nebengewerbe tätig ist, darf eine vereinfachte Form der Buchhaltung genutzt werden. D.h. die Gewinnermittlung mittels einfacher Einnahmen/Überschussrechnung reicht aus.
Diese Gewerbeform eignet sich gut, wenn die Fotografie als bezahltes Hobby laufen soll. Oder zum Testen, ob sich damit eine finanziell tragfähige Vollzeittätigkeit aufbauen lässt.
Nicht zu vergessen sind an dieser Stelle die Mitgliedschaften in den Kammern. In der Regel ergibt sich eine Pflichtmitgliedschaft entweder in der IHK oder in der Handwerkskammer. Hier ist es ebenfalls sinnvoll, vorab zu klären, welche Kammer “am Zuständigsten” ist, da jede Kammer an zahlenden Mitgliedern interessiert ist. Selbständig als Fotograf mit handwerklicher Ausrichtung (Erstellung von Passbildern etc.) kann sogar in einer Zwangsmitgliedschaft in der HWK enden.
Selbständig als Fotograf mit Studio und Geschäftsräumen?
Mit der Festlegung des Portfolios und Leistungsumfangs geht auch oft die Frage nach Räumlichkeiten einher. Reicht das Arbeitszimmer (oder Arbeitsecke) in der heimischen Wohnung aus, um die ganzen Bürotätigkeiten und Bildbearbeitung zu erledigen? Soll unter Umständen Kundschaft empfangen werden können, um eine Vorbesprechung durchzuführen?
Vielleicht legst du Deinen Schwerpunkt auch auf Porträtfotos und Produktfotografie – hier sind eigene Räumlichkeiten nahezu unerlässlich bzw. auf Dauer günstiger als das Mieten eines entsprechenden freien Fotostudios.
Besteht das zukünftige Kerngeschäft eher aus Reportagen und Hochzeiten, die begleitet werden, so ist es oft günstiger, ein Fotostudio stundenweise zu mieten, wenn der Auftrag es verlangt. Hier helfen Connections im befreundeten Fotografenumfeld, alternativ sind in größeren Städten meist mehrere gut ausgestattete freie Mietstudios aktiv.
Cashflow und Verbindlichkeiten
Vielfach übersehen, aber umso schmerzhafter: Umsatz bedeutet nicht automatisch Gewinn, und in einer Selbständigkeit verteilen sich die Einnahmen nicht regelmäßig auf den Monat. Selbständig als Fotograf zu sein, bedeutet, nicht nur ansprechende Bilder zu produzieren, sondern ein Auge auf die Finanzen zu haben.
Denn nicht jeder erledigte Auftrag lässt automatisch Geld in der Kasse klingeln – nur allzu oft sind Kunden säumig und müssen gar gemahnt werden.
Für diese Fälle müssen Rücklagen vorhanden sein, die auch die eine oder andere “Saure-Gurken-Zeit” abfedern können.
An dieser Stelle ist es ebenfalls eine gute Idee, bei Neuanschaffungen zu prüfen, welche Folgekosten diese verursachen. Es ist natürlich verlockend, benötigtes Equipment auf Ratenzahlung oder Leasing nutzen zu können, aber damit holst du dir langfristige Verbindlichkeiten ins Haus. In schwierigen Zeiten können derartige Lasten Dich schier erdrücken.
Gerade in der Anfangszeit kann es sinnvoll sein, gebrauchtes Equipment zu erwerben und kritisch zu prüfen, welche Gerätschaften sich gegebenenfalls auftragsbezogen mieten lassen. Im professionellen Umfeld sind viele spezialisierte Dienstleister vorhanden, die spezielle Kameras, Objektive und (Studio)Blitzgeräte vermieten. Das hat den Vorteil, dass diese Rechnungen auftragsbezogen weiterberechnet werden können und somit keine langfristigen Verbindlichkeiten aufgebaut werden.
Eine gute Hilfe bei der Berechnung deiner künftigen Shootingpreise, kann da z.B. auch unser Kalkulationstool sein.
Shootingpreis Kalkulator für Fotografen – Excel [Digital]
Als selbständiger Fotograf ist es wichtig, dass du deine Preise realistisch kalkulierst. Immerhin soll am Ende des Monats bzw. Geschäftsjahres auch was übrig bleiben, um z.B. Reserven für schlechte Zeiten zu haben oder Investitionen für die geschäftliche Zukunft zu tätigen…
(Social) Networking
“Zusammen sind wir stark” – dieser Slogan gilt auch für Selbstständige. Selbständig als Fotograf zu sein bedeutet zwar einerseits, dass du dich gegenüber dem Wettbewerb behaupten musst, heißt aber nicht automatisch, dass ein Einzelkämpfer mit Ellenbogenmentalität weit kommt. Im Gegenteil – vernünftige Geschäftsbeziehungen in Kollegenkreisen verhelfen unter Umständen zu Aufträgen, wenn ein Wettbewerber ausgebucht ist oder ein Kunde zu weit entfernt ist.
Im Krankheitsfall kannst du evtl. einen wichtigen Termin (Hochzeiten werden im Regelfall nicht verschoben, weil der Fotograf wegen Blinddarm im Krankenhaus liegt…) halten, indem ein befreundeter Kollege diesen ersatzweise wahrnimmt.
In der heutigen Zeit ist es zudem ein “Must-have”, in einschlägigen Netzwerken präsent zu sein und Kontakte zu pflegen. Dies hilft schlussendlich bei Deiner Kundenakquise, da gerade in sensiblen Bereichen wie Hochzeitsfotos und emotional besetzten Fotoshootings der Fotograf oft auf Empfehlungsbasis ausgewählt wird.
Referenzen aufbauen
Bereits vor dem Start ins Business lohnt es sich, an Referenzen zu denken.
Welche Art von Fotos spiegeln dein Business und deine speziellen Stärken gut wider? Welche Fotos kommen bei der angepeilten Kundschaft gut an, auch wenn diese vielleicht sämtliche Klischees bedienen?
Hier lassen sich bereits im Vorfeld, bevor selbständig als Fotograf gearbeitet wird, systematisch Referenzen zusammenstellen. Beispielsweise kannst du Freunden anbieten, eine Hochzeit gratis zu fotografieren (oder als 2. Mann zum gebuchten Fotografen), und du darfst dafür die Bilder im Portfolio verwenden. Das Gleiche gilt für Paarshootings oder Familienbilder. Urlaube oder Reisen können dazu verwendet werden, quasi nebenher Material für die eigene Webseite zu produzieren.
Da eine eigene Webseite meist die erste Anlaufstelle für neue Kunden darstellt, sollte diese mindestens so hochwertig aussehen wie die eigenen Bilder – hier lohnt sich die Ausgabe, einen Profi mit der Gestaltung zu beauftragen. Denn: Es gibt keine zweite Gelegenheit für einen ersten Eindruck!
Fazit
Du siehst, es gibt viel zu bedenken auf dem Weg in die Selbständigkeit – aber wenn dir Ziele setzt, überlegt und vor allem mit einem Plan die ersten Schritte setzt, ist die das „Selbständigen Dasein“ als Fotograf ein wunderschöner Beruf der viel Freude bereitet.